Ålesund: Jugendstil-Juwel im Land der Fjorde

Der Jugendstil in Ålesund hat ganz viel mit Kaiser Wilhelm II. zu tun. Der Monarch war großer Norwegen-Fan und Stammgast im Hotel Union am Hjørundfjord, nicht weit entfernt von Ålesund. Als er vom Großbrand hörte, der 1904 große Teile der Stadt zerstörte, schickte Wilhelm II. postwendend Arbeitskräfte und Materialien für den Wiederaufbau – und zwar im Jugendstil, der in Deutschland gerade angesagt war. Aus heutiger Sicht ein Glücksfall für Ålesund. 

Die filigranen Ranken und anderen Verzierungen an den schönen, oft farbenfrohen Jugendstilfassaden kann man bei der Stadtbesichtigung – wahlweise zu Fuß oder im Kajak auf dem Brosundet-Kanal – bewundern. Das Jugendstil-Zentrum der Stadt gibt mit einer Multimediaschau einen Einblick in die Wiederaufbauarbeiten von 1904 und zeigt außerdem Möbel und Deko im Stil der Zeit.

Steile Felswände und tosende Wasserfälle

Die Architektur ist ein Argument, das Ålesunds Ruf als schönste Stadt Norwegens rechtfertigt. Das andere ist die großartige Lage zwischen Bergen und Fjord. Ålesund gehört zu Fjordnorwegen. Und die Fjordlandschaften gehören zum Besten, was Norwegen zu bieten hat: tiefblaues Wasser zwischen steilen Felsformationen, imposante Wasserfälle, die von Berghängen rauschen und bei Sonnenschein einen Sprühnebel in allen Regenbogenfarben entfalten.

Von Ålesund aus kann man zwei der schönsten Fjorde Norwegens auf einer Bootstour oder auch mit dem Mietwagen entdecken. Der Geirangerfjord, seit 2005 UNESCO-Weltnaturerbe und fester Bestandteil fast jeder Kreuzfahrt in der Region, punktet besonders mit beeindruckenden Wasserfällen. Die markantesten haben sogar Namen: De syv søstrene (Die Sieben Schwestern) oder Brudesløret (Brautschleier).

Stiller, aber nicht weniger beeindruckend zeigt sich der Hjørundfjord – ein Fjord, der von den hohen Gipfeln der Sunnmøre-Alpen umgeben ist, weit weg von der Hektik des Alltags. Die Dörfer hier sind winzig. Dennoch gibt es manchmal, etwas abseits der typischen rustikalen Holzhäuser, ein Belle-Époque-Hotel, zum Beispiel in Øye. Hier logierte einst die europäische Aristokratie, unter anderem auch Kaiser Wilhelm II.

Wanderparadies mit Blick auf den Fjord

Heute sind es bürgerliche Naturfreunde, vor allem Wanderer, die ihr Herz an Fjordnorwegen verloren haben. Die Touren in den Sunnmøre-Alpen führen über Almwiesen, vorbei an Bachläufen, zu Hochmooren und Gletscherseen. Immer wieder sieht man weit unten den Hjørundfjord glitzern. Und in Romedalen fühlt man sich wie ein Statist aus "Herr der Ringe" – besonders, wenn der Nebel durchs Tal zieht. Ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen in den Sunnmøre-Alpen ist Sæbø. Molladalen gilt als guter Standort für Kletterer. Im Norwegischen Fjordcenter in Geiranger am gleichnamigen Fjord kann man geführte Wanderungen buchen, zum Beispiel zu verschiedenen Wasserfällen.

Aber auch in und um Ålesund lässt es sich wunderbar wandern. Einen überragenden Überblick bekommt man auf dem "Sukkertoppen" (Zuckerhut), einem kleinen Berg auf der Insel Hessa südlich vom Stadtzentrum. Auf Godøya, eine weitere vorgelagerte Insel, die gut mit dem Bus zu erreichen ist, kann man zum Godøyfjellet wandern. Und auf dem Aksla, Ålesunds Hausberg, eröffnen sich tolle Ausblicke über die Schären bis zu den Sunnmøre-Alpen. Beim Abstieg hinunter zum Stadtpark kommt man übrigens an einem Obelisken vorbei, den Ålesund zu Ehren Kaiser Wilhelms II. aufgestellt hat.

Gabriele Beautemps

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